Gott ist tot!
Der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche versucht uns in seinem Buch „Also Sprach Zarathustra“ durch den Protagonisten auf die nächste Stufe im Prozess des Menschseins zu führen. Das Werk gilt als eines der wichtigsten Bücher im deutschsprachigen Raum; gleichzeitig auch als eines der am meisten missverstandenen. Einige sehen in ihm die Rekonstruktion einer Gesellschaft, in der das menschliche Wesen zwischen fabrizierten moralischen Abstraktionen und technologischem Barbarentum eingepfercht wurde, andere den Aufstieg eines autoritären Systems, dessen Ideen der politische Faschismus des 20. Jahrhunderts vorantrieb.
Ein Semester lang las uns Professor Samuel Nyholm jeden Donnerstag Vormittag Teile aus "Also sprach Zarathustra" vor während wir parallel dazu Kreide, Kohle oder den Pinsel schwangen.
Dabei lernten wir spannende Zeichenmethoden kennen: Perseveration, Sponging, Spamming oder Libid-OD verwandelten sich mit der Zeit von Böhmischen Dörfern zum Heimatland. Nach und nach offenbarte sich, welche Ehre es ist, gespongt zu werden ;-)
Mal las Samuel auf Deutsch vor, gern aber auch auf Schwedisch. Unser Erstaunen darüber war besonders beim ersten Mal groß. Ähhhh, Illustrieren ... ja was denn? Wir verstehen doch kein Wort. Und dennoch – oder gerade deswegen – zeichneten wir im Laufe der Wochen so frei wie selten zuvor.
An den Nachmittagen entwickelten wir unsere Zeichnungen oft in der Gruppe zu Groß-Illustrationen weiter. Parallel besuchte ich alle Zarathustra-relevanten Termine des Theoriekurses „Gestaltung der Bühne des Wissens & Nietzsche“ von Professorin Annette Geiger, um mehr über den berühmten Philosophen und dessen Auffassungen zu erfahren.
Im Laufe der Wochen entstanden zwei Gruppen: die Performer entwickelten aus den Kursinhalten eine Live-Performance, die sie im Rahmen der HFK-Jahresausstellung aufführten. Die SSSL-Gruppe (Schizo-Semiotic-Source-Library) beschäftigte sich mit der Verarbeitung der Illu-Massen zu einer Zarathustra-Enzyklopädie.
Meine Arbeiten zeigen überwiegend Augen, Leitern, das Thema Wasser und Zarathustra selbst als wiederkehrende Leitbilder.