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Neuwerk #8: Zurück auf Ende
Eine Auseinandersetzung über Werden, Bestehen, Vergehen und Neuanfang.

»Zurück auf Ende« des Neuwerk – das Magazin für Designwissenschaften der Kunsthochschule Burg Giebichenstein widmet sich – wie der Name schon sagt – zwar dem Ende, die achte Ausgabe währt aber ebenso den Anfängen und spielt mit diesen Gegensätzen. Dabei verstanden meine Kommilitoninnen und ich diese Polaritäten zu keiner Zeit als Widerspruch, sondern vielmehr als untrennbaren Nexus für kreatives Potential und auch als Quelle iterativen Tuns. Denn Beständigkeit sowie der permanente Kampf gegen die Vergänglichkeit sind nun einmal wiederkehrende Motive in sämtlichen Designdisziplinen. Gestaltende aller Disziplinen können sich dem Wunsch nach Nachhaltigkeit heute ebenso wenig entziehen, wie der subtilen Forderung nach Endlichkeit. Denn Innovationen, Moden und Trends von morgen finden schließlich nur Platz, wenn ihre Vorgänger fristgerecht weichen – wenn Dinge sterben.
In vielfältigen Beiträgen sezieren wir die ästhetische Gestaltung des Todes. Wir untersuchen seine Narrative, seine Symbole und Zeichen und überprüfen Artefakte auf ihre Haltbarkeit. Gastbeiträge und abwechslungsreiche Praxisprojekte ergänzen die Artikel des Redaktionsteams und bieten auf insgesamt 212 Seiten weitere interdisziplinäre Zugänge zum Leitthema.

Nominiert für den GiebichenStein Designpreis 2021 in der Kategorie „Beste Kommunikation“.

Geliebt. Gehasst. Missbraucht. – Das Schicksal der gebrochenen Schriften.

Nach der Bestimmung des Leitmotivs für das Magazin musste ich nicht lange nach einem Artikelthema suchen. Ich erinnerte mich an einen Text, den ich vor einiger Zeit gelesen hatte und welcher auf mich eine gewisse Faszination ausübte. Er behandelte die „gebrochenen Schriften“, welche oft auch vereinfacht als „Frakturschrift“ bezeichnet werden und thematisierte ihr überraschendes Comeback in der Grafikdesignlandschaft. Meine eigene Familie – wie sicher viele andere auch – nennt diese uns heute überwiegend fremden Buchstaben-Formen „altdeutsche Schrift“. Nach meiner intensiven Auseinandersetzung mit der Thematik muss ich über diesen Begriff gelegentlich schmunzeln. Doch ganz egal wie wir diese markanten, totgesagten Zeichen auch nennen, welche jahrhundertelang als Verkehrsschrift fungierten, stellen sich heute doch viele Fragen: Woher kommen diese Schriften denn eigentlich? Warum gingen sie verloren? Warum sind sie nun plötzlich wieder da? Und noch viel spannender: Weshalb erzeugt ihr Anblick so häufig ein ungutes Gefühl im Bauch?

 

Mein Artikel „Geliebt. Gehasst. Missbraucht.“ ist ein Plädoyer für die verstoßene Schriftklasse. Er gewährt Einblicke in die Entstehungsgeschichte dieser alten Zeichen, zeigt ihren fortwährenden Wandel, ihre dauerhafte unbemerkte Präsenz in den Nischen unseres Alltags und gibt zudem eine Prognose über ihr zukünftiges Dasein. Aktuelle Werbe-Fauxpas veranschaulichen an konkreten Beispielen beliebte Stolpersteine beim häufig noch immer tabuisierten Einsatz des Fettnäpfchen-Garanten. Aber mein Text zeigt auch Wege auf, über moderne Gestaltungen den bildhaften Reiz der Traditionsschriften gekonnt in den Fokus zu rücken. Denn es ist durchaus möglich die kontinuierliche NS-Konnotation aufzubrechen und so das typografische No-Go – zumindest visuell – vergessen zu machen. Meines Erachtens nach wird höchste Zeit für eine feinfühlige Rehabilitierung! Denn leider muss ich zugeben: Bislang habe selbst ich mich bei der Nutzung von gebrochenen Schriften aus Angst vor möglichen Konfrontationen vornehm zurückgehalten.

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