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Erinnerungskörper

Die Transformation humanoider Werkstoffe zu Trauerartefakten
am Beispiel von Memorialschmuck


Im Laufe der Geschichte hat die Menschheit zahlreiche Wege beschritten, um sowohl mit der Unvorstellbarkeit des eigenen Todes als auch mit dem Tod der Mitmenschen umzugehen. Bereits im Reliquienkult war die Materialität der Toten eng mit deren Sichtbarkeit verbunden und fand in natürlich konservierten Körperteilen dinglichen Ausdruck. Das Haar einer verstorbenen Person als Schmuckobjekt am eigenen Körper zu tragen, war insbesondere im 19. Jahrhundert eine weit verbreitete Praktik des Trauerns und Gedenkens. Auf diese Weise fand das intime Erinnern an einen geliebten Menschen auch über einen beständigen Teil seines vergänglichen Leibes Ausdruck.

Während diese tradierten, künstlerischen Haargeflechte Anfang des 20. Jahrhunderts fast gänzlich verschwanden, be”finden sich gegenwärtig neue Techniken zur Verarbeitung menschlichen Körpermaterials auf dem Vormarsch; darunter ein Industriediamant, entstanden aus der Transformation von Kremationsasche oder dem Haar Verstorbener. Mit der postmortalen Verwendung humanoider Werkstoffe zum Zwecke des Totengedenkens folgt die neuartige Hightech-Reliquie offensichtlich seinem historischen Vorgänger. Doch verfügt der synthetische Edelstein auch über dieselbe Wirkmacht?

Meine Arbeit untersucht die ungleichen Materialitäten und Formgebungen der genannten Trauerartefakte und analysiert inwiefern die sinnliche Erfahrbarkeit der leiblichen Andenken die produktsprachlichen Funktionen beeinflusst. Zentral für die Beantwortung der Forschungsfrage war die eingehende Betrachtung beider Gedenkpraktiken und den ihnen zugehörigen Artefakte. Der direkte Vergleich der Untersuchungsgegenstände bildet unter Zuhilfenahme vielfältiger Literaturquellen, Medienpräsenzen und Fachgespräche das theoretische Gerüst dieser Arbeit.

 

Die Ergebnisse zeichnen ein verzahntes Bild produktsprachlicher wie gesellschaftlicher Einflussfaktoren. So spiegeln sich in der Materialität und der Formgebung beider Erinnerungskörper unter anderem immanente Bedeutungskontexte. Bilanzieren lässt sich, dass öffentlich getragener Schmuck aus Haar ein eindeutig erkennbares Kennzeichen des Gedenkens darstellt, wohingegen ein Erinnerungsdiamant als zeitgemäßes Andenken mit geheimer Bedeutung erstrahlt.

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